Wednesday, June 30, 2010

7. Bericht: Polen

Polen - Teil 2



Auf dem Weg in den Bialowieza National Park legen wir einen Waschtag ein, das gibt uns Zeit für einen weiteren Blogeintrag. Diesmal waschen wir selber, das heisst der Typ hinter dem Tresen muss uns helfen, da wir dem Polnischen nicht so mächtig sind.

Meli wäscht, Raphi blogt...


Von Poznan ging's in den Norden Polens, Richtung Gdansk. Auf dem Weg fuhren wir durch Wylatowo, wo laut Reiseführer manchmal über Nacht unerklärliche Piktogramme in den Feldern entstehen. Leider waren uns die Ausserirdischen nicht hold und wir sahen nur Korn, dass vom Regen in der Nacht zerdrückt war. Dafür kauften wir 1.5 kg Erdbeeren zum Preis von einem halben Kilo (CHF 1.30!). Die im Reiseführer beschriebene Tour war dann leider nicht so nach unserem Geschmack. Die Rotunde aus dem 12. Jh in Strzelno, welche wir dank einer deutschen Reisegruppe gratis (wir schlossen uns ihnen einfach frech an) besichtigten, war noch das eindrücklichste. Für die Aussicht von der Burgruine (völlig restauriert) in Kruszwica war uns dann das Eintrittsgeld zu schade und auch Inowroclaw war enttäuschend, da die Kirchen alle mit einem Gitter versperrt waren.

Erdbeerbeute - Rotunde.


Dafür war Torun, die Geburts- und Wirkstadt von Kopernikus umso mehr ein Besuch wert. Die Bürgerhäuser sind toll restauriert, es hat eine intakte Stadtmauer mit schönen Toren und Friede und die Fussgängerzone lädt zum flanieren ein. Der Besuch im Kopernikus-Museum war etwas mager an Information über das Wirken des grossen Astronoms, aber man bekam einen Eindruck über das Händlerhaus der Familie Kopernikus.

Torun - Rathaus und Kopernikus-Denkmal.


Beim Rausfahren aus der Stadt hielten wir einem kleinen Steinbruch, wo wir mit unserer während des Tages auf dem Autodach aufgeheizten Duschsacks eine angenehm warme Dusche genossen.

In Gdansk wollten wir als erstes eine VW Werkstatt aufsuchen und unser Problem mit dem Ventilator lösen. Raphi wollte aber das ganze zuerst nochmals testen und als wir den Motor stehend auf höher Temperaturen brachten, sprang der Ventilator doch prompt an. Wir verzichteten als auf das Telefon in die Schweiz und liessen auch das Suchen nach einer Werkstatt in Gdansk bleiben. Wir fuhren auf den Campingplatz 6 km ausserhalb der Innenstadt von Gdansk und fuhren per Velo in die UNESCO geschützte Innenstadt. Auf der Suche nach einem Restaurant, wo nicht nur Touris speisen, landeten wir in einem kleinen Restaurant bei der Markthalle und assen Pierogi Ruskie (Teigtaschen gefüllt mit Kartoffelbrei und Käse). Gdansk gehört auch zu jenen Städten, die nach dem 2. Weltkrieg stark zerbombt war und es ist wirklich erstaunlich was die Restaurateure hier geleistet haben.

Foto nach dem 2. Weltkrieg - Restaurierte Innenestadt.


Gdansk von oben - Kranturm und Bürgerhäuser - Neptunbrunnen.


Sehr eindrücklich war der Besuch des Solidarnosc Museums, in dem die Geschichte Polens und vor allem Gdansk in der Zeit des Kommunismus und die Befreiung aus den Zangen der Russen erzählt wird. Danach waren wieder einmal etwas erschlagen, wie schwer es diese Menschen hier noch vor kurzer Zeit hatten. Einfach unglaublich. Am Abend besuchten wir ein Strassentheater. Meli hatte am Tag zu vor eine junge Schauspielerin kennen gelernt und wir wollten eigentlich diese spielen sehen. Leider spielte sie dann nicht. Dafür gab es das uns aus dem KuBaA bestens bekannte Theatersport, was auch ohne Sprachkenntnisse ganz lustig sein kann. Beim Abschied meinte die Schauspielerin dann, wir seien die ersten Schweizer, die sie kennen lerne.

Fenster-Theater.


Nach zwei Tage Stadtbesichtigung ging's weiter zu einem UNESCO Naturwunder, den Sanddünen im Slowinski Nationalpark. Zuerst fuhren wir jedoch eine Landzunge die weit in die Ostsee reicht hinaus. Hier können Militärbegeisterte Kriegsmaterial aus dem 2. Weltkrieg studieren und das Fundament der grössten Nazikanone besichtigen. Der Ausblick vom Militärleuchtturm war dann auch recht dürftig.

Die Parkplatzwächterin bei den Sanddünen war ganz erstaunt, dass wir zu Fuss zum 3 km entfernten Leuchtturm spazieren wollten und nicht den näher gelegenen Parkplatz benutzten wollten. Wir spazierten zuerst zum Strand, wo Raphi sogar ein Bad in der kalten Ostsee nahm. Vom Leuchtturm hatten wir dann eine wunderbare Aussicht auf die Sanddünen. Die Sanddünen sahen von oben eher klein aus, aber wir wollten die Dünen, welche 10 Meter pro Jahr wandern, noch von Nahem sehen. Wir sattelten also wieder auf die Fahrräder um und fuhren zum anderen Parkplatz. Hier mussten wir dann plötzlich Eintritt für den Park bezahlen, obwohl man die Wanderdünen auch einfach vom Strand her kommend betreten könnte. Bei sengender Sonne durchquerten wir die eindrücklichen Sanddünen...

Strand an der Ostsee - Raphi beim Baden.


Aussicht vom Leuchtturm - In den Wanderdünen.


Nach den herrlichen Eindrücken der Ostsee holte uns dann der Reisealltag wieder ein: unsere Gasflasche war wieder einmal leer. Wir versuchten es auf dem Rückweg nach Gdansk an diversen Tankstellen und fanden als erstes mal heraus, dass das Wiederbefüllen in Polen verboten sei. Nach etlichen Besuchen in Geschäften wie Obi, Praktiker etc., wo es nur leere ähnliche Gasflaschen, aber keine Campinggaz Flaschen gab. Das half uns auch nicht weiter. Hielt uns aber nicht davon ab, weiter zu fahren und auf das selbe Glück zu hoffen wie in Bulgarien, wo die Suche ja auch länger dauerte als uns lieb war.

So erreichten wir bei Einbruch der Finsternis Malbork, wo wir einfach auf vis-à-vis vom Campingplatz mitten in der Stadt auf dem Parkplatz übernachteten. Für die Besichtigung der grössten mittelalterlichen Burganlage Europas (natürlich UNESCO Weltkulturerbe) liessen wir unser Büssli auf dem gleichen Parkplatz stehen und konnte so auch gleich die horrenden Parkgebühren beim der Burg sparen. Die Burg des deutschen Ordens besichtigten wir per iGuide und konnten uns frei in der Anlage bewegen. Die Burg befindet sich seit über 200 Jahren im Dauer-Restaurations-Zustand. Der 2. Weltkrieg hat auch hier zerstörerische Spuren hinterlassen, da die Nazis hier einen Stützpunkt hatten. Jetzt überlegt man sich, ob man einen Teil der Spuren des 2. Weltkriegs als Geschichtsdenkmal erhalten soll oder man alles restaurieren soll.

Die Burg des Deutschen Ordens.


Nach ca. 3 Stunden Mittelalter ging die Gassuche weiter. In der Touriinfo wurde uns wieder mal geraten an der Tankstelle nachzufragen. Auf englisch (endlich) wurden wir aufgeklärt, dass Polen ein eigenes Campingassystem hat, was uns natürlich ärgerte. Zu dem fanden wir heraus, dass die Art von Gasflasche die wir haben, in Polen nicht verkauft wird. Weil sie weder in den Baltischen Saaten noch in Finnland, Schweden oder Norwegen verkauft wird, entschlossen wir uns für den Kauf einer grossen 11 kg Flasche. Natürlich passte da unser Druckverminderungsventil nicht. In der Touriinfo bekamen wir die Adresse eines Shops. Der Besitzer verkaufte zwar keine Ventile, aber er fuhr uns kurzerhand zu einem Shop, wo es solche gab. Wir kauften ein Ventil für 37 mbar obwohl unser Kocher eigentlich 50 mbar braucht. Halb zufrieden ging's dann weiter. Es gab wieder kein warmes Essen und die Suche nach Gas zerrte an unseren Nerven.

Am nächsten Tag eine Stadt weiter und nach Hilfe in der Touriinfo fanden wir endlich einen Gasshop mit englisch sprechendem Besitzer. Er klärte uns auf, dass man in Polen keine 50 mbar Ventile bekomme. Er war so höflich und testete unseren Kocher mit dem neuen Ventil und da es funktionierte, erstanden wir bei ihm eine leere Gasflasche, die wir an der nächsten Tankstelle in eine volle umtauschen konnten. Das Gasproblem war also gelöst nur standen wir nun vor einem Platzproblem. Wie auch immer, wir haben jetzt einen neue Mitfahrerin namens Babette. Nach einer Reinigungsaktion transportieren wir sie nun liegend hinter dem Sitzt. Leider müssen wir sie immer hin und her tragen, was bei ca. 20 kg und im engen Bus nicht ganz einfach ist.

Babette wird gepflegt...


Weiter ging's dann in die Masurische Seenplatte, wo wir in Ruciane-Nida Becky, Will und Jules für ein Barbecue trafen. Auf einem Campingplatz am See heizten wir den Grill ein, assen riesige Mengen Fleisch und tauschten weitere VW Bus-Camperstories aus. Der Abend mit ihnen war lustig und sehr gemütlich. Leider war dies wohl der letzte gemeinsame Abend mit ihnen, da sie die Mitternachtssonne am Nordkap noch erleben wollen und deshalb im Schnellzugstempo nach Norden düsen.

Grillade mit Becky und Will.


Wir fuhren nach Krutyn und mieteten für drei Tage ein Paddelboot. In halsbrecherischem Tempo wurden wir zur Ablegestelle in Spychowo gefahren und dann mit unserer Paddelunkenntnis alleine gelassen. Nach dem Bepacken des Bootes (endlich kam unser Zelt mal zum Einsatz) paddelten wir los. Aus dem ersten Hindernis, ein in den Fluss ragenden Baum mussten wir uns dann prompt befreien, doch es klappte ohne nass zu werden.

Eindruck beim Paddeln.


Wir übernachteten an einer pole biwakowe, das ist ein Biwakplatz ohne Dusche, dafür badeten wir im erfrischenden See und wärmten uns danach am Feuer, welches auch gleich der beste Mückenschutz war.

Unser Zelt im Einsatz - Sonnenuntergang.


Am nächsten Tag war dann leider der Touri-Abschnitt dran. Es gab grosse Gruppen von Polen die sich den Fluss hinuntertreiben liessen. Da wir paddelten, waren wir schneller und auf Überholspur. Wir waren glücklich als nach Utka alle Touris plötzlich weg waren. Weniger glücklich waren wir darüber, dass wir den nächsten Campingplatz verpassten und deshalb in das eineinhalb Stunden entfernte Nowy Most paddeln durften. Wir hatten beide einen leichten Sonnenstich und belohnten unsere Anstrengung mit riesen Pierogis im Campingrestaurant.

Eindrücke von der Paddeltour.


Am nächsten Tag fuhren wir als erste los und liessen so die anderen sieben Paddler hinter uns. Wir badeten nach einer halben Stunde in einem See und nahmen es gemütlich, da wir sonst viel zu früh am Anlegestelle angekommen wären. Nach einem Picknick und während wir auf unseren Abhohldienst warteten, kamen andere Paddler und wir kamen mit einem Pärchen in unserem Alter aus Deutschland ins Gespräch. Sie ist ursprünglich aus Polen und war ganz Glücklich endlich mal Schweizer in Polen zu sehen. Anscheinend sind hier Schweizer Touristen wirklich Mangelware...

Massentourismus...


Dann kam der grosse Schreck. Unser Fahrer erklärte uns, dass noch mehr Boote zurück kommen sollen und plötzlich wimmelte es nur noch von Paddelboote. Eine Gruppe von mindestens 70 Polen kam an und wir waren sehr glücklich nicht in mitten dieser Gruppe den letzten Abschnitt zurück gelegt zu haben.

Raphi liess sich in Lomza bei einem traditionellen Herrencoiffeur noch die Haare schneiden, sehr polnisch (das heisst sehr kurz und die Kotletten wurden auf dreitagebart-Länge gestutzt).

Bemerkung: Wir wollen uns mal noch etwas über den Reiseführer auslassen. Der hat nämlich nicht immer oder meistens nicht recht.

1. In Polen sollen viele Autos geklaut werden. Entweder hatten wir bis jetzt Glück, die Beule an der Seite schützt uns oder die Situation ist wirklich nicht so schlimm.( Eine Polin meinte, und wenn hier Autos geklaut werden seien es sowieso die Russen).

2. Und so hilfreiche Hinweise wie: Fussgänger am Fussgängerstreifen nicht rüberlassen stimmen also auch nicht :)

Und was auch noch speziell ist: Die Polen welche wir kennengelernt haben sind freudig überrascht, dass Schweizer ihr Land bereisen, es gibt nicht viele Schweizer Touristen, was uns verwundert... Polen ist ein Land mit sehr gut funktionierender Infrastruktur und sogar die Verkäuferinnen im H&M sind freundlich ;)

1 comment:

  1. liebe busreisende! :-)
    ich freu mi immer wenn wieder en neue blog chunnt vo eu! isch super zum läse was ihr alles erläbed!
    i dä schwiiz sind u vil lüüt grad chli im busfiäber, aber meh als transportmittel (velos inebiige und los), das heisst nid der "weg ist das ziel" sondern schnell vo A noch B cho :-)
    wiä schnell lauft s cremeschnittli uf optimalem untergrund? :-)
    ganz liebi grüess und wiiterhin gueti reis!
    lotte

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